Die Schaffhauser Wirtschaftsförderung blickte am Jahresgespräch vom 10. April 2014 auf ein erfolgreiches Jahr zurück. 2013 wurden 24 Firmen angesiedelt und über 100 Schaffhauser Unternehmen unterstützend beraten. Der Steuerertrag aus Ansiedlungen für Kanton und Gemeinden betrug wiederum über 50 Millionen Franken. Regierungsrat Ernst Landolt wies jedoch auch auf das Spannungsfeld zwischen den in der Strategie festgelegten Wachstumszielen des Kantons und der zunehmenden Wachstumsskepsis in der Bevölkerung hin.
Auch 2013 war die Wirtschaftsförderung des Kantons Schaffhausen wieder erfolgreich, bilanzierte Regierungsrat Ernst Landolt in seiner Begrüssung. Und dies soll auch weiterhin der Fall sein, denn: "Die Regierung strebt ein nachhaltiges Wachstum von Wirtschaft, Bevölkerung und Steuereinnahmen an. Dazu benötigen wir neue Firmen, neue Arbeitsplätze und neues Steuersubstrat; und als Voraussetzung eine attraktive Unternehmensbesteuerung." Hier eröffnet sich gemäss Landolt seit einiger Zeit aber auch ein Spannungsfeld: Während der Kanton weiterhin wachsen will, äussert sich die Bevölkerung vermehrt kritisch gegenüber weiterem Wachstum. Und dies manifestiert sich unter anderem in Skepsis gegenüber einigen Aktivitäten der Wirtschaftsförderung
Ansiedlung von Unternehmen
Thomas Holenstein blickte zuerst auf die Tätigkeiten im vergangenen Jahr zurück. Der Wirtschaftsförderung gelang es, 24 Unternehmen aus Europa, den USA und Asien anzusiedeln. Dies kann angesichts der anhaltenden Unsicherheiten durch den globalen Steuerstreit als erfreulich bezeichnet wer- den; liegt die Anzahl doch auf dem Niveau des Vorjahres. Auch die Steuererträge der angesiedelten Unternehmen blieben stabil: Sie lagen 2012 bei 54,3 Mio. Franken respektive bei 14% der gesamten Steuereinnahmen des Kantons. Dieser hohe Ertrag zeigt, dass nur die wenigsten zugezogenen Firmen von Steuererleichterungen profitieren. In den letzten vier Jahren haben im Schnitt nur gerade vier Unternehmen pro Jahr Steuererleichterungen erhalten. Holenstein betonte in diesem Zusammenhang, wie wichtig Ansiedlungen für die Kantonsfinanzen sowie für ansässige Unternehmen und die Bevölkerung sind. Die Wirtschaftsförderung ist darum auch stark engagiert, den Kontakt zu angesiedelten Firmen zu pflegen und unter anderem die aktuellen politischen Entwicklungen zu erklären. Denn die jüngsten Volksabstimmungen haben zu spürbarer Verunsicherung von internationalen Investoren geführt. "Das Ansiedlungsgeschäft ist deutlich schwieriger geworden", stellt Holenstein fest.
Bestandespflege und weitere Projekte
Die Wirtschaftsförderung siedelt nicht nur Unternehmen an. Ein wichtiges Tätigkeitsfeld ist die Pflege und Unterstützung bestehender Schaffhauser Firmen. So fanden beispielsweise im vergangenen Jahr über 100 Beratungen von hiesigen Unternehmen statt. Ziel dabei ist es, Arbeitsplätze zu erhalten und auszubauen. Seit 1997 konnten dank dieser Projekte und Dienstleistungen über 3300 Arbeitsplätze im Kanton erhalten oder neu geschaffen werden. Zusätzlich bietet die Wirtschaftsförderung Unterstützung für Jungunternehmer an und engagiert sich in diversen weiteren Projekten (siehe Faktenblatt ).
Wirtschaftsstruktur im Wandel
Im zweiten Teil seiner Präsentation sprach Thomas Holenstein über die veränderten Wirtschaftsstrukturen: "Die Wirtschaft ist keine homogene Masse, sondern besteht aus verschiedenen Akteuren mit unterschiedlichen Bedürfnissen." Während das Gewerbe und national tätige KMU stark mit ihrem Standort verbunden sind und ein grosses lokales Engagement aufweisen, sind exportorientiere KMU und multinationale Konzerne international orientiert. Dies wirkt sich auf das politische Engagement aus. Während Mitarbeitende von KMU und Gewerbe verbreitet politisch aktiv sind, engagieren sich Grosskonzerne und deren Exponenten kaum mehr aktiv in der Politik. Als Folge davon finden ihre Bedürfnisse im politischen Prozess kaum Beachtung. "Wir müssen uns dieser Entwicklung bewusst sein", so Holenstein. Denn diese Firmen sind für den Standort sehr wichtig: Ein grosser Anteil des Steuersubstrats aus juristischen Personen stammt von alteingesessenen und angesiedelten multinationalen Konzernen, die in Schaffhausen einen Anteil von über 23% an das kantonale BIP beisteuern.
Gesellschaftliche Debatte nötig
"Die Wirtschaftsförderung handelt im Auftrag der Regierung und hat diesen bisher immer erfüllt oder übertroffen", bilanzierte Ernst Landolt zum Abschluss des Jahresgesprächs. Sie wurde allerdings im Verlaufe des letzten Jahres vermehrt als Blitzableiter für Wachstumsskeptiker genutzt. Das Hinterfragen der heute bestehenden Strategie des Kantons dürfe nicht auf dem Rücken der Wirtschaftsförderung austragen werden, so Landolt. Denn es gehe dabei um eine Grundsatzdebatte über die Entwicklung des Kantons, die von der Politik geführt werden müsse, und die zu einer neuen und breit abgestützten Strategie führen sollte. Diese Strategie habe nicht nur Auswirkungen auf die Ziele der Wirtschaftsförderung, sondern auch auf viele andere Politikbereiche wie die Raumplanung, die Verkehrsplanung, die Bildung, das Gesundheitswesen oder auf allfällige Strukturreformen. Und so appellierte Landolt zum Schluss: "Wir müssen uns nicht nur darin einig werden, was wir nicht wollen, sondern vor allem darin, was wir wollen!"